Persönlichkeit: Radiologe i. R.; wurde als stolze Persönlichkeit beschrieben; schätzte unter anderem intellektuelle Fähigkeiten und eine gute körperliche Kondition.
Vorgeschichte: Tumor (grosses Glioblastom) im linken Parietal-Lappen des Grosshirns, unter anderem mit der Folge von Krämpfen. Der Patient wollte nur pharmakologische Symptomkontrolle, um zunächst noch eine gute Zeit mit seiner Familie erleben zu können.
Motivation: Die Behandlung erbrachte für einige Wochen ein relativ gutes Befinden, doch dann verschlechterte sich die Situation rapide. Daher der Wunsch, jetzt noch rechtzeitig das Leben zu beenden, auch um die Familie in diesem Zustand nicht auf längere Zeit zu belasten.
Grund für die Wahl des Sterbefastens:Die Ärzte ahnten zwar, dass der Patient sich ein Medikament wünschte, das er in lethaler Dosis hätte einnehmen können, aber es wurde darüber nicht gesprochen und nur versucht, eine noch effizientere Symptomenkontrolle zu erreichen. Daher nahm er sein Schicksal selbst in die Hand. Offenbar war für ihn Sterbefasten das technisch Nächstliegende.
Entscheidungsfindung: Wohl in gutem Einvernehmen mit der Familie. Seine Hausärztin hegte zwar im Grunde Bedenken gegen das Beenden des Lebens, wollte dann aber doch ihren langjährigen Patienten bei diesem Weg möglichst gut unterstützen.
Schwierigkeiten: Am 10. Tag Verwirrtheit und Halluzinationen, denen man mit einem Benzodiazepin beikommen konnte.
Pflegerische Unterstützung: keine Details bekannt, aber umfassend organisiert und vermutlich gut (von Durstproblemen war nie die Rede).
Ärztliche Unterstützung: Hohe Einsatzbereitschaft. Gegen die Krämpfe wurden laufend Mittel gegeben, zusätzlich auch kontinuierlich Morphin.
Dauer: 11 Tage;
Tod: Der Patient war bereits am vorletzten Tag kaum noch bei Bewusstsein und starb im Schlaf.
Bewertung seitens des Sterbenden: Er genoss in der ersten Woche die Gemeinsamkeit mit seiner Familie und deren fast durchgehende Präsenz und wurde dann immer schläfriger. Ohne Zweifel war es für ihn eine richtige Entscheidung gewesen.
Sicht der Angehörigen im Rückblick: Die Familie hatte ihn resolut bei seinem Vorhaben unterstützt; man fand es am Ende tröstlich, dass man ihm zur Verwirklichung seiner Wertvorstellungen verholfen und aus dieses Situation das Beste gemacht hatte; aber es hatte zeitweilig auch Dispute darüber gegeben, ob man ihn in der richtigen Weise bzw. zu sehr oder aber zu wenig unterstützte.
Anmerkungen: Es lässt sich vermutlich nicht beurteilen, ob der (von Tag 10 abgesehene) offenbar durchgehend angenehme Verlauf auch dadurch bedingt war, dass wegen des Gehirntumors bereits dauernd Medikamente gegeben wurden.
Quelle: Quill, T. E., and Byock, I. R. MD (2000): Responding to Intractable Terminal Suffering: The Role of Terminal Sedation and Voluntary Refusal of Food and Fluids. Ann Intern Med. 133:561–562.