Antworten vorwiegend aus juristischer Sicht.
Ob jemand aufgrund eines schweren körperlichen oder wegen einer schweren psychischen Erkrankung den Wunsch entwickelt, das Leben vorzeitig zu beenden, macht prinzipiell keinen Unterschied. Es gilt allerdings zu unterscheiden zwischen
Bei Personen, deren Sterbewunsch nicht als Symptom der psychischen Krankheit zu werten ist, muss dieser Wunsch allerdings beständig sein, und seine Konsequenzen müssen der Person wirklich klar sein, damit man ihr gegebenenfalls beim Versuch eines Sterbefastens behilflich sein darf. Tatsächlich können solche Patienten trotz Einschränkungen in der Wertungsfähigkeit durchaus verstehen, was ein Sterbewunsch bedeutet und auf welche Schwierigkeiten ein solcher in der Realität treffen kann.
Ob der Vorsatz, das Leben nun zu beenden, wirklich freiverantwortlich getroffen wurde, muss allerdings durch wiederholte Gespräche herausgefunden beziehungsweise belegt werden. Dies ist die Aufgabe von medizinischen Fachpersonen, die Erfahrung in der Diagnostik und Behandlung von Personen mit psychischen Erkrankungen haben. Der Patientin oder dem Patienten sollte schliesslich schriftlich bescheinigt werden, dass sich in wiederholten Gesprächen keine Hinweise ergeben haben, dass er/sie die Tragweite der Entscheidung zum FVNF nicht versteht / verstanden hat.
Leider können wir bislang auf keine Fallbeispiele zurückgreifen, die belegen, dass ein Sterbefasten von psychisch schwer Kranken funktionieren kann. Uns scheint, dass es doch recht schwierig sein dürfte. Einige mündliche Berichte sowie manche Anfragen an diese Webseite sprechen dafür, dass den Betreffenden meist das nötige Durchhaltevermögen fehlen dürfte.
Ein schon ziemlich verwirrter Patient mit miserablem Gedächtnis wird leicht irgendwann nicht mehr verstehen, wieso er nichts mehr zu essen und zu trinken bekommt und dann möglichweise darum bitten. Wenn das Sterbefasten bereits länger als eine Woche gedauert hat, besteht bei einem Abbruch das Risiko bleibender körperlichen Schäden und somit eines Weiterlebens mit vermehrten Einschränkungen oder / und Leiden. Somit ist es legitim, den Patienten an seinen früheren Vorsatz zu erinnern – aber hier gilt es doch, ethische Grenzen (keinerlei Manipulation!) zu beachten.
Bei fortgeschrittener Demenz ist eine Beihilfe zum Sterbefasten wegen fehlender Urteilsfähigkeit der dementen Person für die Betreuenden aus rechtlichen Gründen überhaupt nicht mehr möglich. Ein Patient kann sich dann ja nicht mehr bewusst und wohl überlegt entscheiden, seinem Leben auf diese Weise nun ein Ende zu setzen. Lehnt solch ein Patient aber ohnehin immer wieder Essen und Trinken ab, so muss geklärt werden, woran das liegt und ob sich das Problem beheben lässt. Erst dann kann entschieden werden, ob man den Patienten nun vorzeitig sterben lässt, indem man ihm nur noch so viel zu essen und zu trinken gibt, wie ihm behagt. Voraussetzung ist auch, dass eine Patientenverfügung für diesen Fall das Legen einer Magensonde verbietet. Mehr dazu findet sich unter «Sterbefasten in Demenz?» auf dieser Website.
Patienten mit der Diagnose «beginnende dementielle Erkrankung» respektive «beginnende Alzheimerkrankheit» können versuchen, ihr Leben durch Sterbefasten zu beenden. Aufgrund der erforderlichen Urteilsfähigkeit muss dies allerdings meist zu einer Zeit geschehen, in der noch relativ viel Lebensqualität vorhanden ist. Laut der Studie «Sterbefasten» der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften haben gut 5 Prozent der Menschen, die durch Sterbefasten ihr Leben beenden, eine demenzielle Erkrankung.
Das Sterbefasten kann gelingen, wenn jemand, der sich bereits seit Längerem mit der Möglichkeit eines präventiven Suizids beschäftigt hat, sich früh genug dazu entschliesst. Es besteht aber oftmals eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass man seine Entscheidung zum Sterbefasten nicht mehr durchhält. Möglicherweise vergisst man zudem wiederholt den Vorsatz, auf diese Weise sterben zu wollen. Gelingt es den Unterstützenden nicht, einem dies wieder in Erinnerung zu bringen, muss vermutlichen das Sterbefasten abgebrochen werden.
Will man jemandem beim Suizid helfen und bestehen Zweifel daran, ob der Sterbewillige noch urteilsfähig (oder «einsichtsfähig») ist, so ist es in der Schweiz und vermutlich auch in Österreich und Deutschland nötig, dass ein Arzt den Patienten untersucht und ihm gegebenenfalls attestiert, dass er noch urteilsfähig ist. Schweizer Sterbehilfeorganisationen sehen dies bei Demenzpatienten grundsätzlich als nötig an.
Ärzte können sich jedoch weigern oder sich viel Zeit damit lassen, die nötige Untersuchung durchzuführen. Manchmal führt dies dazu, dass sich die Demenz in einem Masse fortentwickelt, so dass schliesslich die Urteilsfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Entscheidet sich der Patient jedoch für das Sterbefasten, so können gegebenenfalls auch Personen, die nicht Ärzte sind, dessen Urteilsfähigkeit anerkennen. Aber auch in diesen Fällen gilt es, schnell zu entscheiden und mit dem Sterbefasten bald zu beginnen. Übrigens: Wenn jemand die Mühen des Sterbefasten konsequent auf sich nimmt, erweist sich in seinem Handeln ausreichende Klarheit und Entschiedenheit.
Vor allem in den USA gibt es Stimmen, die überzeugt davon sind, dass man dies mit einer ausgeklügelten Patientenverfügung (PV) erreichen kann. Rechtlich würde dies aber sehr wahrscheinlich als eine vorausverfügte Tötung auf Verlangen bewertet werden (die in deutschsprachigen Ländern verboten ist), sofern Pflegende aufgrund einer derartigen PV irgendwann dem Patienten, obwohl er noch Appetit hat, Essen und Trinken vorenthalten, um ihn sterben zu lassen. Mehr dazu findet sich unter «Sterbefasten in Demenz?» auf dieser Website.
Auf jeden Fall kann man aber in der Patientenverfügung (PV) künstliche Ernährung und damit das Legen einer Magensonde verbieten. Diese Vorgabe muss in der Regel von den Ärzten und Pflegenden befolgt werden, auch wenn einige Demenz-Pflege-Experten solche PVs für Demenz ablehnen.
Das FAQ-Dokument Sterbefasten erstellten Christian Walther und Peter Kaufmann exklusiv für die Stiftung palliacura.
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