Antworten zu medizinischen Fragen und Tipps zu wichtigen Aspekten der Pflege.
Gemeint ist der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) mit dem Ziel, früher oder rascher sterben zu können. Jede Person, die urteilsfähig ist, kann im Prinzip ihr Leben auf diese Weise vorzeitig beenden. Sterbefasten gilt als eine humane Form des Sterbens, weil es wenig Leiden verursacht und Sterbewilligen erlaubt, von ihren Angehörigen in gemeinsamer Erfahrung behutsam Abschied zu nehmen. Dies kann für beide Seiten bereichernd sein.
Zum einen sollte der Wunsch rechtzeitig und in Ruhe mit den Angehörigen beraten und deren Unterstützung eingeholt werden. Angehörige, die nicht zustimmen, sollten später nicht an der Betreuung teilnehmen. Der Entschluss zum Sterbefasten muss unbedingt schriftlich festgehalten werden. Eine Ärztin / ein Arzt des Vertrauens sollte nach Möglichkeit über das Vorhaben informiert sein und die Pflegenden nötigenfalls unterstützen. Für Eventualfälle oder für die besonders fordernde letzte Phase des FVNF ist es oft sinnvoll, einen Pflegedienst (in der Schweiz: Spitex) oder sogar ein mobiles Palliativpflege-Team zu verpflichten.
Zum anderen sollte das Sterbefasten nicht abrupt, sondern nach mehreren Tagen innerer und praktischer Vorbereitung begonnen werden. Dazu gehört zum Beispiel das Beenden von Gewohnheiten wie häufiger Kaffee-Genuss. Wenn man damit abrupt und erst direkt vor Beginn des Sterbefastens aufhört, kann das unter Umständen zu Kopfweh führen. Weitere Aspekte finden sich in den FAQ zur Pflege sowie in denen zu Ethik / Recht.
Nein, auch beim natürlichen Sterbeprozess essen die Sterbenden immer weniger; nicht selten stellen sie die Nahrungsaufnahme schliesslich ganz ein. Wer schon einmal in einer Heilfastenkur war, weiss zudem aus eigener Erfahrung, dass nach kurzer Zeit die Hungergefühle fast vollständig verschwinden. Man geht davon aus, dass nach zwei bis vier Tagen der Appetit erloschen ist, auch wenn es schwierig sein dürfte, dazu sichere, statistische Angaben zu finden. Der Körper hat sich dann auf den sogenannten Hungerstoffwechsel (siehe übernächste Frage) eingestellt, vorausgesetzt, dass auch keine Nahrung über das Trinken mehr zugeführt wurde. Andernfalls kann der Hunger schnell wieder zurückkehren. Trinkt jemand zum Beispiel zuckerhaltige Getränke, dann stellt sich erneut Hunger ein, weil die Bauspeicheldrüse Insulin ausschüttet.
Schon in wenigen Tagen kann Fasten zu positiven Gefühlen führen, was an einer vermehrten Ausschüttung von Endorphinen liegt. Diese vom Körper selber produzierten, dem Morphin ähnlichen natürlichen Stoffe haben eine schmerzstillende und stimmungsaufhellende Wirkung.
Der Körper baut zunächst Kohlenhydrate ab, dann aber auch die Fett- und Eiweissreserven (Hungerstoffwechsel) und schliesslich auch die Muskulatur. Beim Aufstehen können bald Schwindelgefühle einsetzen, unter anderem auch, weil der Blutkreislauf beeinträchtigt wird. Fastende werden zunehmend schwächer und schliesslich bettlägerig. Das Risiko steigt, dass am Körper Druckstellen entstehen; daher ist auf regelmässiges Umbetten zu achten.
Es gibt auch Verläufe von Sterbefasten, bei denen sich Bettlägerigkeit lange hinauszögert.
Die meisten Menschen werden während des Sterbefastens zunehmend müder und schlafen viel. Im Wachzustand sind manche im fortgeschrittenen Stadium zuweilen etwas verwirrt und unruhig, doch ist dies keineswegs bei allen der Fall. Bei einer einfühlsamen Begleitung und gegebenenfalls Hinzuziehung eines palliativen Dienstes lassen sich solche Situationen gut bewältigen.
Auch viele Tage nach Beginn des Fastens kann es hin und wieder noch zu Stuhlgang kommen. Nach Möglichkeit sollte man zu Beginn des Sterbefastens ein Abführmittel nehmen, weil sonst eine Verstopfung eintreten kann. Diese begünstigt das Auftreten von Verwirrungszuständen.
Das Sterbefasten kann unabhängig von Über- oder Untergewicht, von Krankheit oder Gesundheit durchgeführt werden.
Bei Übergewicht könnte man meinen, dass das Sterbefasten länger als sonst dauert. Die Erfahrung zeigt aber, dass es bei übergewichtigen Menschen entweder ähnlich lange dauert wie bei Normalgewichtigen oder sogar kürzer.
Bei Untergewicht dauert das Sterbefasten oft länger, weil im Körper Anpassungen entstanden sind, die das Überleben bei Nahrungsmangel erleichtern.
Das FAQ-Dokument Sterbefasten erstellten Christian Walther und Peter Kaufmann exklusiv für die Stiftung palliacura.
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