Antworten zu medizinischen Fragen und Tipps zu wichtigen Aspekten der Pflege.
Ja, das Durstgefühl begleitet den gesamten Sterbeprozess im Gegensatz zum Hungergefühl, das meist nach ein paar Tagen verschwindet. Das Durstgefühl lässt sich durch eine gute, intensive Mundpflege - die Befeuchtung des Mundraumes und der inneren Schleimhäute - besser ertragen.
Eine gute Mundpflege ist beim Sterbefasten unerlässlich und kann viel zur Linderung des Durstgefühls beitragen. Die Angehörigen / Pflegenden müssen deshalb dafür sorgen, dass der Mundbereich des Öfteren befeuchtet wird: Beispielsweise durch das Sprühen von Wasser oder durch einen kleinen Schluck Wasser, der wieder ausgespuckt wird. Dies und die Verwendung weiterer Hilfsmittel bewirken sehr oft, dass das Durstgefühl ertragen werden kann. Es ist eine Hauptaufgabe von Angehörigen / Pflegenden sich um eine gute Mundpflege zu kümmern.
Hier kann nur auf die häufigeren Nebenwirkungen eingegangen werden.
Wenn Sterbewillige nicht mehr trinken, erhöhen sich die Harnstoffwerte im Blut, weil die Nieren aus Mangel an Flüssigkeit nicht mehr richtig arbeiten können. Dies beeinflusst das Zentralnervensystem und führt im Allgemeinen zu Müdigkeit und einer nicht unangenehmen Schläfrigkeit.
Oft wird auch auf die prinzipiell nicht auszuschliessende Möglichkeit von Entzündungen oder einem Pilzbefall in Mund und Rachen hingewiesen. Häufige Kontrolle des Mundbereichs und eine gute Mundpflege können dem vorbeugen.
Einige Sterbefastende leiden wegen des Flüssigkeitsmangels auch unter trockenen Augen (ein unangenehmes Brennen), da sich kein ausreichender Feuchtigkeitsfilm mehr bildet. Dies lässt sich mit rezeptfrei erhältlichen Augentropfen («künstliche Tränen») lindern. Auch ein Augenspray, der von aussen durch die Augenlider diffundieren kann, bietet bei trockenen Bindehäuten eine Erleichterung.
In der Palliative Care lassen sich diese und andere Nebenwirkungen gut durch eine aufmerksame Pflege und – auf Verschreibung des Arztes – durch den Einsatz geeigneter Medikamente bewältigen.
Mit einem Wasserzerstäuber können kleine Mengen Wasser in den Mundraum gesprüht werden. Mit kleinen Eiswürfeln ( z.B. in einem Beutel aus Gaze), an denen man lutscht, kann das Durstgefühl meistens gut beherrscht werden: Fast alle Flüssigkeiten – je nach Wunsch der Sterbefastenden ausser Wasser beispielsweise auch Tee (keinen Kamillentee!), Kaffee und anderes – lassen sich einfrieren. Die Pflegenden sollten jedoch darauf achten, dass solche Getränke keinen Zucker enthalten (gegebenenfalls also Süssstoff verwenden).
Manchen hilft es auch, an einem nassen Tuch zu saugen oder (zuckerfreie) Bonbons oder Kaugummistück zu lutschen. Ein wenig Rahm (süss oder sauer) kann mit der Zunge im Mund verteilt werden; das können aber auch Pflegende mit Hilfe eines Wattestäbchens übernehmen.
In den Apotheken ist auch sogenannter künstlicher Speichel erhältlich, ein Gel, das zumindest ausprobiert werden sollte. Gegen die Trockenheit der Lippen hilft ein unparfümierter Lippenbalsam.
Öfters wird auch – vor allem nachts – ein Luftbefeuchter neben das Bett gestellt, der die Beschwerden etwas lindern soll.
Das Trinken verlängert den Sterbevorgang. Für den Sterbewilligen, der sich Zeit lassen will und kann, ist dies unter Umständen wünschenswert. In mehreren Fallgeschichten finden sich Beispiele, bei denen oft wochenlang und meist bis fast zuletzt nur auf Nahrung verzichtet wurde. Eine längere Zeit des Sterbefastens ist zwar in der Regel für die Sterbewilligen gut zu ertragen. Dies kann jedoch – aber muss nicht – eine grössere Belastung für die Angehörigen und Pflegenden bedeuten.
Erfahrungen mit nicht schon schwer erkrankten Menschen und wohl auch mit chronisch Kranken ohne infauste Prognose (das heisst: sie können noch Monate oder sogar Jahre weiterleben) sind nicht so häufig. Sie finden sich zum Beispiel in den Büchern von Chabot-Walther (2017), zur Nieden (2017) oder auch von Kaufmann, Trachsel, Walther (2020). Es gibt insgesamt zu wenige hinreichend genaue Untersuchungen über die Sterbeverläufe beim FVNF, die die obige Behauptung stützen. Es gab Fälle von Schwerkranken, die nicht so glücklich verliefen, und solche von «Gesunden», die durchaus als gut von der sterbenden Person und den Angehörigen bewertet wurden. Man sollte sich also von obiger Behauptung nicht verunsichern lassen, wenn auch davon ausgegangen werden sollte, dass im Prinzip bei jüngeren Menschen das Durstleiden schwerer zu beherrschen ist.
Wir besitzen hierzu bislang nur wenige Informationen. Eine ältere Studie an Gesunden (referiert in Kap. 4.2 von Chabot-Walther, 2021) legt tatsächlich nahe, dass jüngere Menschen Durst schlechter ertragen können als ältere. Bei jüngeren Menschen mit einer schweren Grunderkrankung konnten – im Vergleich zu älteren - bislang kaum Unterschiede im Ablauf und bei der Dauer des Sterbefastens festgestellt werden. Bei Kaufmann-Trachsel- Walther, 2022, betrug das Alter der drei jüngsten PatientInnen 51, 54 und 64 Jahre. Besondere Probleme traten bei ihnen nicht auf – auch nicht in weiteren, uns bekannten Fällen von kranken Menschen um die 50 und jünger.
Es gibt bisher nur sehr wenige Erfahrungsberichte über ein Sterbefasten von jüngeren (etwa 25 bis 50 Jahre), körperlich nicht kranken Personen. In einigen nicht veröffentlichten Fällen (persönliche Mitteilungen an Chr. Walther) kam es allerdings dazu, dass diese Personen trotz guter Mundpflege ihre Versuche abbrachen (zum Teil, um dann einen Medikamentensuizid zu begehen). Generell sollten Pflegende und Angehörige einem jüngeren Menschen vom FVNF abraten, wenn keine erhebliche Vorerkrankungen bestehen.
Ja, es gibt Fälle von Sterbefasten, bei denen sukzessive aufs Trinken verzichtet und / oder zwischendurch etwas mehr Flüssigkeit als empfohlen aufgenommen wurde. Manchmal liegt das daran, dass der Entschluss, mit Sterbefasten aus dem Leben zu scheiden, noch nicht gefestigt ist. Anfangs noch relativ viel zu trinken, kann dem Patienten den Weg erleichtern, auch wenn sich die Dauer des Sterbefastens dadurch verlängert.
Über Beeinträchtigungen des Sprechens beim Sterbefasten wird hin und wieder berichtet. Ein sehr trockener Mund oder Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhäute können in der Tat das Sprechen erschweren. Auch deshalb ist eine gute Mundpflege beim Sterbefasten die vielleicht wichtigste pflegerische Massnahme, denn sie kann solche Erscheinungen in den meisten Fällen verhindern.
Tatsächlich können sich manchmal Schmerzen ergeben, beispielsweise Kopf- oder Magenschmerzen, aber auch Schmerzen durch das bewegungsarme Liegen. Es dürfen dann Schmerzmittel gegeben werden; in schwierigeren Fällen kann der Arzt auch sedierende (also das Bewusstsein dämpfende) Mittel verordnen wie bei jeder anderen palliativen Begleitung. Bei einigen Ärzten, vor allem in Deutschland, bestehen in der ersten Phase des Sterbefastens Bedenken, den Sterbenden stark zu sedieren: Er soll möglichst lange selber entscheiden können, das Sterbefasten abzubrechen. Solche Bedenken entfallen meist, wenn der Sterbeprozess unumkehrbar ist.
Hier dürfte es zwar diverse Möglichkeiten geben, die aber nicht Thema der Webseite sein können, zumal hierfür auch die Kompetenz fehlt. Je nach Einstellung eines Arztes könnte es sinnvoll sein, ihn dazu zu befragen, zumal man nicht generell solche Möglichkeiten ablehnen muss.
In den ersten Tagen werden noch geringe Mengen Urin ausgeschieden.
Gegen Ende des Sterbefastens färbt sich der nur noch wenig produzierte Urin dunkler; er wird flockig und riecht streng. Auch wenn die Ursache dafür nicht ganz klar ist, gilt dies als ein Anzeichen dafür, dass es bis zum Tode nicht mehr lange dauert.
Es ist vor allem daran zu denken, dass Sterbefastende in der letzten Phase nur noch im Bett liegen und nicht mehr aufstehen können. Da ist gemeinsam mit dem Sterbenden zu entscheiden, welche Massnahmen nötig, angebracht und ertragbar sind (Toilettenstuhl neben dem Bett, Bettpfanne, Inkontinenzvorlagen und anderes). Es empfiehlt sich in manchen Fällen, eine wasserdichte Bettunterlage unter das Leintuch zu legen.
Das FAQ-Dokument Sterbefasten erstellten Christian Walther und Peter Kaufmann exklusiv für die Stiftung palliacura.
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