Sterbefasten- Informationen zu FVNF 
            Sterbefasten- Informationen zu FVNF 
            Sterbefasten- Informationen zu FVNF

Fall 6: ​«Konnte Abschied von der Familie geniessen»

Alter 80; Geschlecht: weiblich; Ort: Gerontologisches Pflegeheim (Südafrika)


Persönlichkeit:
Zurückhaltend, aber energisch, sehr Ordnung liebend.

Vorgeschichte: 2008 wurde ein Kolon-Karzinom festgestellt, das erfolgreich behandelt werden konnte, doch 2009 stellten sich Metastasen im Gehirn heraus, die zunächst noch behandelt wurden.

Motivation: Schlechtes Befinden und Sorge, allmählich dahinzusiechen. Dies mitzuerleben, wollte sie vor allem ihrem Ehemann ersparen. Zusätzlich Sorge, bei Verlust des Bewusstseins künstlich weiter ernährt zu werden.

Grund für die Wahl des Sterbefastens: Eine Tochter hatte ihr von einem Artikel über Sterbefasten im Journal of the American Medical Association (JAMA) berichtet. Man weiss nicht, ob sie einen Tabletten-Suizid bevorzugt hätte, aber wie in Grossbritannien ist die Beihilfe zum Suizid in der Republik Südafrika verboten.

Entscheidungsfindung: in gutem Einvernehmen mit der Familie und dem Arzt, der explizit sein Verständnis für autonome Entscheidungen am Lebensende äußerte und palliative Unterstützung zusagte. Auch das Pflegeheim stand hinter der Entscheidung.

Schwierigkeiten: Am dritten Tag trotz guter Mundpflege Durstprobleme; ansonsten konnte das Durstgefühl gut besänftigt werden.

Pflegerische Unterstützung: keine Berichte, aber vermutlich gut.

Ärztliche Unterstützung: wegen des Karzinoms wurden Morphinpflaster und Sedativa verordnet.

Dauer: 6 Tage

Tod: Die Patientin war bereits am vorletzten Tag kaum noch bei Bewusstsein und schlief dann friedlich ein.

Bewertung seitens der Sterbenden: Sie genoss den Abschied von der Familie und deren fast durchgehende Präsenz sehr; vermutlich war es ihr auch eine Genugtuung, ihr Schicksal in die eigene Hand genommen zu haben. Aber sie sagte an einem Tag auch einmal, dass sie die Schwierigkeit dieses Weges unterschätzt habe.

Sicht der Angehörigen im Rückblick: Die gesamte Familie (der Vater und mehrere Töchter) empfand dieses Sterben als etwas sehr Gutes; alle waren geradezu stolz darauf, dass die Mutter mit ihrer Unterstützung ihre Absicht verwirklicht hat.

Anmerkungen: Die Patientin hatte von Anfang an auch das Trinken offenbar ziemlich radikal beendet, was entscheidend für die relativ kurze Zeit gewesen sein dürfte, aber vermutlich auch das Durstproblem etwas verstärkte. In den letzten Tagen hatte sie sich (durch Ansteckung bei einer Tochter) eine Erkältung zugezogen, die das Sterben aber vermutlich nicht beschleunigt hat.

Quelle: The Guardian, 7. Sept. 2012