Sterbefasten- Informationen zu FVNF 
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Fall 15: «Dankbarkeit und Zufriedenheit»

Alter: 83; Geschlecht: weiblich; Ort: zuhause (D)


Persönlichkeit: Recht selbstbewusst und sehr energisch beim Ausführen ihrer Vorsätze. Im Beruf hatte es Tana Herzberg – als Solotänzerin an der Deutschen Oper Berlin und als Atemtherapeutin – zu einiger Bekanntheit gebracht.

Vorgeschichte: Eine seit Jahren bestehende generalisierte Arthrose mit Schwerpunkt der Wirbelsäule und Sprunggelenke hatte sich zuletzt derart verschlimmert, dass in absehbarer Zeit für die Patientin der Toilettengang nur noch mit Hilfe einer anderen Person möglich sein würde. Durch abdominale Beschwerden bestand ein ausgeprägtes Untergewicht; nur wenige Speisen waren verträglich. Erweiterte Schmerzmittelgaben brachten einen Aufschub des Sterbewunsches um ein halbes Jahr.

Motivation: Die beschriebenen medizinischen Probleme wurden zunehmend als nicht mehr tolerabel eingeschätzt. Ganz klar drohte nun der Verlust der Selbstständigkeit, das heisst die Patientin hätte sich sehr bald innerhalb der eigenen Wohnung nicht mehr allein bewegen können. Tana Herzberg hatte im Übrigen den Tod schon seit vielen Jahren im Blick (in der Wohnung stand seit zehn Jahren ein Sarg!).

Grund für die Wahl des Sterbefastens: Angehörige hatten auf Wunsch der Patientin im Internet recherchiert, auf welche Weise sie ihr Leben vorzeitig beenden könnte. Ihr erschien das Sterbefasten dann als die beste Methode.

Entscheidungsfindung: Tana Herzberg hatte nach Internetrecherche einer Nichte vom Sterbefasten erfahren. Über den HVD (Humanistischer Verband Deutschlands) kam der Kontakt zum begleitenden Arzt zustande. Auf Vorschlag beschäftigte sich die Patientin eingehend mit dem Buch «Ausweg am Lebensende». Der Entschluss kam durch eigene Entscheidung zustande, er wurde den Angehörigen mitgeteilt, die nach eingehenden Gesprächen einverstanden waren («Die machte schon immer, was sie wollte.»).

Schwierigkeiten: Reibungsloser Ablauf. Die vor 6 Monaten begonnene Schmerztherapie wurde fortgesetzt. Wegen Müdigkeit – die gewollte Kontakte erschwerte – wurde bei Bedarf kurz herunter dosiert. Erst wenige Tage vor dem Tod war es nötig, in äquivalenter Dosierung subkutan Morphin zu geben. Die Patientin war daraufhin nicht mehr ansprechbar.

Pflegerische Unterstützung: Eine auch psychologisch ausgebildete Pflegerin wurde hinzugezogen. Mehrere Angehörige konnten die Pflege nach professioneller Anleitung optimal durchführen. Es waren durchgehend Angehörige vom Beginn des Sterbefasten bis zum Tod anwesend. Im weiteren Verlauf – zu Beginn war ein transkutanes Opiat-Pflaster verwendet worden, – kam, gemäss ärztlicher Anweisung, Morphin als subkutane Gabe zur Anwendung.

Ärztliche Unterstützung: Der vorbehandelnde, naturheilkundlich orientierte Hausarzt war aufgrund seiner ethischen Einstellung nicht zur Unterstützung des Sterbefastens bereit. Der vom HVD vermittelte Arzt, der früher bereits Erfahrungen mit Sterbefastenden erworben und die Erstgespräche geführt hatte, führte dann die Sterbebegleitung durch.

Dauer: 13 Tage

Tod: Tana Herzberg starb friedlich durch Herzversagen.

Bewertung seitens der Sterbenden: Die Patientin liess sich zunächst die notwendigen Massnahmen erklären und fühlte sich im Verlauf des Sterbefasten gut aufgehoben. Ihre Stimmung war über den gesamten Verlauf sehr positiv.

Sicht der Angehörigen im Rückblick: Die Angehörigen empfanden – trotz aller Traurigkeit über den Verlust­ – Dankbarkeit und Zufriedenheit über den Verlauf.

Anmerkungen: In einem Artikel des Berliner Tagesspiegel (vom 03.02.2016) wurde über das selbstbestimmte, begleitete Sterben dieser bekannten Persönlichkeit ausführlich und empathisch berichtet.

Quelle: Persönliche Mitteilung des betreuenden Arztes

Hinweis: Der Fall Tana Herzberg wird im Buch «Sterbefasten» (Kohlhammer, 2020) ausführlicher dargestellt.