Persönlichkeit: Liebenswerte Hausfrau mit einem grossen Zwang zur Ordentlichkeit. Viele Jahre verwitwet. Seit Kindheit schwerhörig, im Alter fast taub. Wenig soziale Kontakte, aber als Mensch sehr selbstbestimmt.
Vorgeschichte: Nach einem Sturz in der eigenen Wohnung wurde sie erst nach einigen Tagen gefunden. Sie musste ins Spital eingewiesen werden, bis sich eine grössere Wunde geschlossen hatte. Rehabilitationskur, anschliessend Pflegeheim.
Motivation: Sie hatte sich früher vehement gegen den Einzug ins Pflegeheim gesträubt. Während der Reha äusserte sie mehrmals einen Todeswunsch, blieb dann aber fast drei Jahre im Heim, wo es ihr recht gut gefiel. Weil sie trotz Physiotherapie schwer gehbehindert und auf den Rollstuhl angewiesen war, blieb der Todeswunsch vage weiterhin bestehen. Hinzu kam Altersdiabetes, den sie nicht medikamentös behandeln lassen wollte; eben so wenig war sie bereit, ihren Süssigkeitenkonsum zu reduzieren. Nach einem herbstlichen Essen (Schweizer Metzgete) verweigerte sie tags darauf konsequent das Essen und Trinken und sagte, sie wolle nun sterben, es sei Zeit.
Grund für die Wahl des Sterbefastens: Unbekannt, allgemeiner Todeswunsch.
Schwierigkeiten: Keine grossen. Ihre Tochter und das Pflegepersonal versuchten sie zuerst zu bewegen, wieder ein wenig Nahrung oder doch zumindest Flüssigkeit aufzunehmen, doch sie blieb bei ihrer Ablehnung. Die Mundpflege hätte besser sein können: Geschwollene Lippen machten ihr zu schaffen, das Reden war erschwert..
Pflegerische Unterstützung: Sehr gut. Das Pflegepersonal akzeptierte schliesslich ihre Entscheidung.
Ärztliche Unterstützung: Krankenbesuche, aber keine besonderen Vorkehrungen.
Dauer: 10 Tage
Tod: Friedliches Einschlafen.
Sicht der Angehörigen im Rückblick: Ein gutes Sterben, eine Erlösung vom Leiden.
Quelle: palliacura – Eine Stiftung von EXIT Deutsche Schweiz. Bericht eines Angehörigen.
Hinweis: Dieser Fall wird im Buch «Sterbefasten» (Kohlhammer, 2020) ausführlicher dargestellt.