Sterbefasten- Informationen zu FVNF 
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Wikipedia-Eintrag «Sterbefasten»: Veraltet und mangelhaft

Der Wikipedia-Artikel zum «Sterbefasten» – dem Freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) mit der Absicht, vorzeitig zu Sterben – ist teilweise veraltet und mangelhaft. Wir veröffentlichen im Folgenden eine Auflistung von Mängeln und Ungenauigkeiten – auch in der Hoffnung, dass dies mittelfristig eine Verbesserung des Artikels herbeiführen kann.

Der Wikipedia-Eintrag «Sterbefasten» ist, wie ein (allerdings mühsames!) Studium der Versionsgeschichte und der Diskussionsseiten zeigt, stark gefärbt von einem wohl weltanschaulich begründeten Bemühen, das Thema als ziemlich problematisch darzustellen. Es soll wohl niemand ermutigt werden, FVNF als mögliche Option für sich oder Angehörige ernsthaft in Betracht zu ziehen. Hierzu passend, hatte man lange Zeit einen Warnhinweis für Suizidgefährdete vorgeschaltet - in dem neben der Telefonseelsorge sogar der Euronotruf empfohlen wurde, der laut Wikipedia zu Feuerwehr, Rettungsdienst oder Polizei führt!

Im Abschnitt «Zum Begriff» werden ausführlich antike Fundstellen, nicht aber die Rolle des FVNF im traditionellen Jainismus erwähnt. Es werden allerhand Merkwürdigkeiten aufgetischt, zum Beispiel «Lichtnahrung» und «Marasmus»; wieso man davon etwas im Zusammenhang mit dem Sterbefasten wissen sollte, bleibt rätselhaft. Mit begrifflicher Ungenauigkeit wird dieser Teil dann fast poetisch abgeschlossen: «Inedia ist auch beim Senizid (!) eine Methode für alte Menschen, um im Opfertod still aus dem Leben zu scheiden.»

Die Aussagen in «Hintergrund», die wohl noch von den ersten VerfasserInnen des Beitrags stammen, sind weitgehend unstrittig. Es fehlen aber noch wichtige Hinweise auf die neuere Literatur.

Zur «Physiologie» werden teilweise merkwürdig präzise, aber wenig relevante Angaben gemacht, die kaum durch Quellenangaben belegt werden.

Bei den «Weiteren Symptomen» werden vor allem Phänomene berücksichtigt, die zwar im normalen Sterbeprozess auftreten können (nur hierzu werden Quellen angegeben), aber nicht unbedingt auch beim FVNF festgestellt werden.

Bei «Ethische Bewertungen und gesellschaftliche Akzeptanz» ergibt sich kein kohärenter Überblick. Immerhin wird zugegeben, dass bis jetzt in unserer Gesellschaft Suizidhilfe kontrovers gesehen wird, somit wohl auch das Sterbefasten – soweit es denn überhaupt bekannt ist. Am Ende bleibt unklar, ob sich die Frage entscheiden lässt: Ist Sterbefasten ein Suizid oder ein natürlicher Tod? Übrigens wird der Begriff «Senizid» mit Berufung auf einen Buchbeitrag (von Dieter Birnbacher) verwendet, in dem dieses Thema überhaupt nicht vorkommt.

Bei «Rechtliche Einordnung und Positionen» befasst man sich unter anderem – länger und ohne guten Grund – mit dem Thema Patientenverfügung. Vor allem hält man sich aber in grosser Ausführlichkeit damit auf, die Bedeutung des inzwischen für verfassungswidrig erklärten deutschen § 217 StGB (geschäftsmäßige Suizidhilfe) zu reflektieren.

Die «Kirchlichen Einordnungen und Positionen» erwähnen unter anderem den Katechismus der römisch-katholischen Kirche mit dem Hinweis, «die freiwillige Beihilfe zum Selbstmord verstosse gegen das sittliche Gesetz». Auf das wichtige «Schreiben über die Sorge an Personen in kritischen Phasen und in der Endphase des Lebens» (Samaritanus bonus) des Vatikans von 2020 wird nicht eingegangen, ebenso wenig auf eine daraufhin erfolgte Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz von 2021 (Pastoralkommission, Nr. 51, «Bleibt hier und wachet mit mir!»), in der das Sterbefasten recht kritisch beurteilt wird. Von manchen protestantischen Theologen gibt es Verlautbarungen, die das Sterbefasten als zulässig bewerten. Jedoch hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bisher noch nicht öffentlich zum FVNF positioniert. Dieser Absatz verstärkt jedoch implizit die Behauptung, FVNF sei als Suizid zu werten.

Abgesehen von solchen Mängeln sehen wir bei diesem Wikipedia-Artikel als Problem, dass wichtige wissenschaftliche Arbeiten nicht erfasst sind: So etwa die empirischen Befunde in den Publikationen der Arbeitsgruppe von Prof. A. Fringer (Zürich), ganz zu schweigen von neuerer englischsprachiger Literatur, die wichtige Handreichungen enthält– vor allem im Buch von Quill, Menzel, Pope und Schwarz (2021) und der aktualisierten Version der KNMG-Leitlinie (Königlich Niederländische Medizinische Gesellschaft, 2024).

Mai 2021; aktualisiert: September 2023 / Januar 2024 / März 2025

Christian Walther

Peter Kaufmann