Sterbefasten- Informationen zu FVNF 
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Expertenbuch aus USA lotet Grenzen des Sterbefastens aus

Unter dem Titel «Voluntarily Stopping Eating and Drinking» hat Oxford University Press 2021 ein sehr ausführliches und höchst kompetentes Werk zum Thema Sterbefasten herausgebracht, dessen Autorinnen und Autoren seit über 20 Jahren als Pioniere dieses Verfahrens tätig sind.

Sterbefasten im eigentlichen Sinn wird im ersten Teil in sechs Kapiteln behandelt: 4 Fallbeispiele – Ärztlich/pflegerische Aspekte – Ethische Fragen – Juristische Aspekte – Sterbefasten in Pflegeheimen – Bewährte Praktiken / Herausforderungen. Die Fallbeispiele werden in den nachfolgenden Abschnitten ausführlich analysiert und kommentiert. Insgesamt wird das Thema nicht nur erschöpfend, sondern zuweilen für den mehr an der Praxis Interessierten bis zur Erschöpfung durchgearbeitet, so dass hier die derzeit wohl umfassendste Darstellung auf aktuellem Stand zu finden ist. Dieser Teil des Buchs empfiehlt sich in erster Linie für diejenigen, die vor allem theoretisch an dem Thema interessiert sind.

Anders beim zweiten Teil, mit dem für uns Neuland betreten wird. Schon der Titel ist ungewohnt und lautet wörtlich übersetzt: «Beenden von Essen und Trinken auf Grundlage einer Patientenverfügung bei entscheidungs-unfähigen Personen», wozu die (für eventuelle Recherchen wichtige) englische Abkürzung «SED by AD» lautet. Gemeint ist, dass jemand in noch einsichtsfähigem Zustand, gegebenenfalls. auch in der frühesten Phase einer Demenz, in einer Verfügung festlegt, dass er sich für die Spätphase einer Demenz wünscht, dass die Betreuenden ihm Nahrung und Flüssigkeit vorenthalten, so dass er – optimal medizinisch / pflegerisch betreut – wie beim Sterbefasten vorzeitig stirbt, ohne darunter erheblich leiden zu müssen.

Der zweite Teil gliedert sich analog zum ersten Teil. Wer sich dafür interessiert, ob solch ein Weg hierzulande rechtlich möglich wäre, selbst wenn ihn derzeit wohl viele noch ethisch ablehnen würden, muss sich mit dem Buch befassen, denn nur dort findet man derzeit eine wirklich in die Tiefe gehende Analyse. Hier können nur wenige Punkte herausgegriffen werden: Die Frage, ob die Unterlassung pflegerischer Tätigkeiten – zu denen eine manuelle Versorgung Kranker mit Essen und Trinken gehört – überhaupt in einer Patientenverfügung rechtsverbindlich geregelt werden kann, wird im Buch implizit bejaht, während dies zum Beispiel für Deutschland gemäß Patientenverfügungsgesetz (§ 1901a BGB) nicht zuträfe.

Das aus Sicht des Rezensenten kaum lösbare Dilemma ist, dass Ärzten und Pflegenden zugemutet wird, bei jemanden, den sie seit Jahren liebevoll gepflegt haben, irgendwann den Sterbeprozess einzuleiten und diesen dann nur noch durch Mundpflege und andere Zuwendung zu begleiten. Am ehesten erscheint dieser Weg – für alle Beteiligten - gangbar, wenn er an die Bedingung geknüpft ist, dass der Patient an Essen und Trinken so gut wie nicht mehr interessiert ist.

Christian Walther

Quelle: Humanes Leben - Humanes Sterben (HLS), Ausgabe 2022-2, Deutsche Geselllschaft für Humanes Sterben, Berlin

Siehe auch:

https://www.dghs.de